Das einzigartige an dem Projekt ist aber nicht, dass Schüler am Prozess beteiligt wurden, sondern wie die Schulversammlung selbst zustande kam. Schon seit einigen Jahren befinden sich die traditionellen repräsentativ-demokratischen Systeme Europas im Krisenmodus. Dieses Thema wurde selbstverständlich auch an der Schule in diversen Unterrichtsfächern aufgegriffen. „In diesem Zusammenhang kam die Idee auf, einen ganz neuen Weg zur Entscheidungsfindung zu beschreiten“, wie Susanne Müller, eine der Initiatorinnen des Projekts, berichtet. In Anlehnung an antike, griechische Poleis wie Athen wurden die 34 Mitglieder der Schulversammlung per Los ausgewählt. Nicht die bisherige Position im Schulleben, ein scheinbar vorhandenes Talent oder eine wie auch immer definierte „Beliebtheit“ führen in dieses wirkungsmächtige Gremium, sondern schlichtweg der Zufall. So sehen sich plötzlich auch Lehrer und Schüler mit einer Aufgabe konfrontiert, die sie sich vorher vielleicht gar nicht zugetraut oder der sie sich freiwillig nicht gestellt hätten. Die Idee wurde in den letzten Jahren an verschiedenen Stellen Europas aufgegriffen, etwa in Irland, als eine geloste „Citizen Assembly“ über die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe abstimmte.
Am vergangenen Donnerstag fand das letzte von drei ganztägigen Treffen der Schulversammlung im Haus auf der Alb statt. Die Mitglieder der Schulversammlung, vier Lehrer und 30 Schüler aus allen Stufen unserer Schule, feilten an den letzten Formulierungen und verabschiedeten letztendlich einstimmig ein Dokument mit konkreten Vorgaben zum zukünftigen Einsatz von digitalen Endgeräten (Handys, Smartphones, Tablets) am Graf-Eberhard-Gymnasium.
Das Ergebnis zeigt klar, dass es um mehr ging, als klar zu definieren, wann man im Schulhaus das Handy zücken darf. Ausführlich wurde bereits auf den ersten beiden Sitzungstagen darüber diskutiert, welche Möglichkeiten und Gefahren die Nutzung der digitalen Geräte mit sich bringt. Für viele Schüler, schon in der Unterstufe, hatte das Thema digitales Mobbing große Bedeutung und so wurde neben konkreten Regeln auch ein Wertekanon diskutiert, der sich mit dem Persönlichkeitsrecht auseinandersetzt.
Finanziell und vor allem personell unterstützt wurde das Demokratieprojekt durch die Landeszentrale für politische Bildung. So begleitete der Politologe und Kultursoziologe Axel Eberhardt von der Landeszentrale Schüler und Lehrer als Moderator und Mediator über das gesamte Projekt hinweg. Die beteiligten Schüler, viele gaben zu, bei der Bekanntgabe der Auslosungsergebnisse zuerst wenig begeistert gewesen zu sein, zeigten sich nach Abschluss des letzten Sitzungstages durchweg hochzufrieden. Eine ganz neue und aufregende Erfahrung sei es gewesen, verkündet eine Schülerin. Im Unterrichtsalltag gebe es wenige Momente, in denen Lehrkräfte und Schüler tatsächlich auf Augenhöhe miteinander kommunizieren können, hier sei das von Anfang an so gewesen. Auch der Umstand, dass die Teilnehmer aus allen Klassenstufen gleichberechtigt vertreten waren und miteinander arbeiteten, wurde von allen Teilnehmern positiv hervorgehoben.
Die Arbeit der Schulversammlung ist mit dieser letzten Sitzung prinzipiell beendet, doch den anwesenden Vertretern ist klar, dass die nächsten Schritte nun folgen müssen. Bald nach den Osterferien muss die Gesamtlehrerkonferenz über die erarbeiteten Vorschläge abstimmen, denn auch, wenn das Demokratieprojekt innerhalb des Gymnasiums schon breite Unterstützung hat, die gesetzlichen Regelungen des Landes gelten natürlich trotzdem. Falls dieses Votum positiv ausfallen sollte, was alle Teilnehmer erhoffen, geht es darum, die neuen Regelungen in den Schulalltag zu implementieren und diese mit Leben zu füllen.
Alle Beteiligten sind sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Projektes. Sowohl Schüler, als auch Lehrer haben viele gute Erfahrungen gemacht, sind sich auf ganz neue Weise näher gekommen und haben die abstrakte Idee „Demokratie“ am Graf-Eberhard-Gymnasium auf kreative Weise konkret und fassbar werden lassen.